Keine Ferien für die Päpstliche Akademie für das Leben

Quelle: FSSPX Aktuell

Msgr Vincenzo Paglia

Stattdessen macht das Institut, die Pontificia Academia pro Vita  (PAV),  wieder von sich reden und initiiert eine neue Kontroverse über die „nicht verhandelbaren Punkte“ der christlichen Lehre. macht wieder von sich reden. 

Die jüngste Infragestellung der doktrinären Bedeutung der Enzyklika Humanae Vitae (1968) innerhalb der Kirche deutet darauf hin, dass eine Reform der Lehre über künstliche Befruchtung oder Empfängnisverhütung auf der Tagesordnung stehen könnte. Dies könnte die Kontroverse über die "nicht verhandelbaren Punkte" der christlichen Lehre neu entfachen. 

Die Zeiten sind vorbei, in denen die religiösen Ereignisse im Vatikan eine Sommerpause einlegten, während der Nachfolger Petri die apostolischen Paläste der Augusthitze Roms überließ und sich in das ländliche Castel Gandolfo begab, wo es kühler und friedlich war. Doch die Zeiten haben sich geändert: Vor wenigen Wochen entfachte die Päpstliche Akademie für das Leben in der katholischen Welt erneut eine Kontroverse über mehrere bioethische Fragen. Diese reichen von der Empfängnisverhütung bis zur In-vitro-Fertilisation, Fragen mit entsprechenden Antworten also, die seit Jahrzehnten ausreichend kommentiert und entschieden zu sein schienen. Doch die Buchveröffentlichung „Theologische Ethik des Lebens. Schrift, Tradition und praktische Herausforderungen“ im Frühsommer dieses Jahres scheint Stein des Anstoßes. Ein Buch, das insbesondere mehrere Beiträge wiedergibt, die anlässlich eines von der Akademie geförderten Kolloquiums im Jahr 2021 vorgelegt wurden. 

In diesen Beiträgen wurde die Unterscheidung zwischen einem angeblichen moralischen Ideal der Kirche, wie der Ablehnung von Empfängnisverhütung, und der konkreten pastoralen Anwendung dieses Ideals, die Abweichungen von der traditionellen Lehre rechtfertigen würde, verteidigt. Der Präsident der Akademie, Bischof Vincenzo Paglia, dem von Kritikern vorgeworfen wurde, er habe heterodox geltenden Theologen Autorität verliehen, rechtfertigte sich gegenüber Radio Vatikan: „Wir wollten vielmehr einen Dialog zwischen verschiedenen Meinungen zu selbst kontroversen Themen herbeiführen, indem wir zahlreiche Diskussionspunkte vorschlugen.“ 

Die Debatte nahm dann Anfang August mit einem Tweet auf dem offiziellen Account der Akademie für das Leben Fahrt auf. In dem Tweet wurde behauptet, dass der Inhalt der 1968 von Papst Paul VI. erlassenen Enzyklika Humanae Vitae, die unter anderem die künstliche Geburtenkontrolle verbietet, nicht mit dem Siegel der Unfehlbarkeit versehen und damit reformierbar sei. Ein Argument, das stutzig macht: Ist jetzt alles, was außerhalb des Bereichs der Unfehlbarkeit liegt, veränderbar? Im Übrigen muss ein Element der Lehre nicht formell für unfehlbar erklärt werden, um tatsächlich unfehlbar zu sein, denn kein Papst hat jemals die Morallehren der Kirche über Lügen, Diebstahl oder Mord für „unfehlbar“ erklärt. Folgt man also obiger Argumentation würde es möglich sein, seinem Nachbarn in aller Ruhe die Kehle durchzuschneiden. Die Akademie für das Leben scheint jedoch wenig Rücksicht auf Argumente der Logik und des gesunden Menschenverstandes zu nehmen. Eines ihrer prominenten Mitglieder, Rodrigo Guerra - übrigens Sekretär der Päpstlichen Kommission für Lateinamerika und Mitglied der Päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften - erklärte, es sei „notwendig, über Humanae Vitae hinauszugehen“. 

Auch die von den Jesuiten kontrollierte Civilta Cattolica kündigte Anfang Juli an, dass der Heilige Vater in Kürze „eine neue Enzyklika oder apostolische Exhortation über Bioethik veröffentlichen könnte, die er vielleicht Gaudium vitae (Freude am Leben) nennen könnte“. Dabei stellt sich die Frage, ob es sinnvoll wäre, „über Humanae Vitae hinauszugehen“. Es ist bekannt, dass der Niedergang der Moraltheologie umso stärker wurde, je kritischer und negativer die Enzyklika von den Episkopaten aufgenommen wurde, die sich den liberalen Ideen und dem Geist von 1968 verschrieben haben. Dabei geht es hier nicht darum, die Frage nach dem lehrmäßigen Status der Enzyklika Humanae Vitae zu entscheiden: Zumindest kann man davon ausgehen, dass sie mit einem hohen Grad an Autorität ausgestattet ist, weil sie unter das ordentliche Lehramt des Papstes fällt und eine konstante Lehre wiederholt. Und natürlich bleibt das ordentliche päpstliche Lehramt fehlbar - die Entwicklungen der Krise, die die Kirche seit mehreren Jahrzehnten durchmacht, belegen dies - trotzdem kann man von seiner weitestgehenden Irrtumslosigkeit ausgehen, was wohl auch die Lehre in Humanae Vitae betrifft. Doch gemach, die Theologen werden ihre Meinung dazu äußern und das Lehramt wird zu seiner Zeit entscheiden.