Indien: Keine Kontrolle christlicher Missionare!

Quelle: FSSPX Aktuell

Der Oberste Gerichtshof von Indien

Der Oberste Gerichtshof Indiens wies am 25. März 2022 einen Antrag der hindu-nationalistischen Organisation HDP (Hindu Dharma Parishad / Welt-Hindu-Rat) zurück, die die Einrichtung einer Aufsichtskommission zur Überwachung der Aktivitäten christlicher Missionare in den 28 Ländern des Bundesstaates gefordert hatte.

Die Richter des Obersten Gerichtshofs trafen eine Entscheidung zugunsten der christlichen Minderheiten. Sie antworteten der HDP, dass derartige Initiativen eher dem Eigenmarketing dienten und nicht dem öffentlichen Interesse. Außerdem würde auf diesem Weg die Harmonie zwischen den Glaubensgemeinschaften gestört. 

Bereits im vergangenen Jahr war die Petition erstmals vom Obersten Gerichtshof im Bundesstaat Madras abgelehnt worden. Mit seiner erneuten Ablehnung warnte der Oberste Gerichtshof Indiens die HDP nun zusätzlich vor einer Geldstrafe, falls sie noch einmal eine ähnliche Petition einreichen würde.

Die hindu-nationalistische Gruppe HDP hatte in ihrem Petitionstext behauptet, dass „asoziale und antinationale“ Individuen die Menschen vom Hinduismus zu anderen Religionen, insbesondere zum Christentum, zwangsbekehren würden. HDP schlug, „um die Einheit, Souveränität und Stabilität Indiens zu stärken“, vor, „dass alle christlichen Missionare sowie ihre Einkünfte kontrolliert werden“. 

Dies scheint angesichts der Angriffe auf Christen in einem Indien mit über 1,3 Milliarden Einwohnern, von denen die überwiegende Mehrheit dem Hinduismus angehört und die christliche Minderheit lediglich 2,3% der Bevölkerung ausmacht, geradezu grotesk. Im Laufe des Jahres 2021 hatten sich die Angriffe auf Christen und christliche Einrichtungen vervielfacht, wie die Agentur der Missionsgesellschaft der Auswärtigen Missionen (Missions Etrangères de Paris) berichtet. 

Schon im Oktober 2021 hatte Premierminister Narendra Modi Papst Franziskus im Vatikan getroffen und ihn, trotz der Feindseligkeit radikaler Hindu-Gruppen, nach Indien eingeladen. John Dayal, ein bekannter Katholik und Sprecher der indischen All Catholic Union musste allerdings feststellen: „Der Premierminister wurde mit dem Papst fotografiert und praktisch unmittelbar nach seiner Rückkehr begann im Bundesstaat Karnataka eine Unruhe mit der Einführung eines Anti-Bekehrungsgesetzes.“ Diese Anti-Bekehrungsgesetze, die ironischerweise als „Gesetze zur Religionsfreiheit“ bezeichnet werden, kriminalisieren christliche und muslimische Männer, die Hindu-Frauen heiraten wollen.

Die gesetzgebende Versammlung des Bundesstaates Karnataka, der von der Bharatiya Janata Party (BJP), der hindu-nationalistischen Partei des Premierministers, regiert wird, hatte ausgerechnet am 24. Dezember das “Gesetz zum Schutz des Rechts auf Religionsfreiheit” in Karnataka verabschiedet. Nun folgt der nächste indische Bundesstaat Haryana als elfter Bundesstaat des Landes, der ein Gesetz gegen religiöse Konversionen in Erwägung zieht. Dies trotz der Proteste von Oppositionsmitgliedern, die eine derartige Politik für konfliktträchtig halten. Doch die pro-hinduistische Lokalregierung der BJP brachte davon unbeeindruckt am 4. März dieses Jahres in die gesetzgebende Versammlung von Haryana das neue “Gesetz über illegale Religionskonvertierungen” (Unlawful Conversion of Religious Bill, 2022) ein.

Falls der Gesetzesentwurf verabschiedet wird, könnte das nordindische Haryana denselben Gesetzen unterliegen, die zuvor von der BJP in andren Bundesländern durchgesetzt wurden: Neben Karnataka haben bereits neun weitere Bundesstaaten - Uttar Pradesh, Himachal Pradesh, Gujarat, Chhattisgarh, Odisha, Madhya Pradesh, Arunachal Pradesh, Uttarakhand und Jharkhand - ihre eigenen Anti-Bekehrungsgesetze verabschiedet.