Weder Schismatiker noch Exkommunizierte (11)

Quelle: FSSPX Aktuell

Wir veröffentlichen hier einen Artikel aus dem Jahr 1988 wieder, der inzwischen schwer zu finden ist und eine neue Präsentation verdient. Der Text greift die Feststellung der Krise der Kirche und ihrer Schwere auf, die die Gläubigen vor die Wahl stellt, zwischen ihrem Glauben und dem Gehorsam gegenüber den neuen kirchlichen Orientierungen zu wählen.

Die beiden vorherigen Artikel haben sich mit dem Staat und dem Notrecht befasst, das fünf Punkte umfasst, von denen der erste, dass es wirklich einen Notstand gibt, und der zweite, dass alle ordentlichen Mittel ausgeschöpft sind, bereits behandelt wurden. Dieser Artikel befasst sich mit dem dritten.

Staat und Notrecht

3) Die Handlung ist nicht von Natur aus schlecht und es entsteht kein Schaden für die Seelen

Es ist nicht von Natur aus schlecht. Die Bischofsweihe ohne ordnungsgemäßen päpstlichen Auftrag stellt nämlich an sich keinen „schismatischen Akt“ dar, wie man dagegen – unglaublich, aber wahr – im Dekret der Kongregation für die Bischöfe (1) liest.

An sich ist es ein Akt des formellen oder materiellen Ungehorsams gegenüber einer kirchenrechtlichen Disziplinarregelung; es ist jedoch offensichtlich, dass ein Akt des Ungehorsams kein Schisma darstellt, gemäß dem gesunden Menschenverstand und auch gemäß der Unterscheidung, die die katholische Theologie getroffen hat. (2)

Und tatsächlich sah der Codex des kanonischen Rechts bis zu Pius XII. für eine Bischofsweihe ohne päpstliches Mandat nur die suspens a divinis und nicht die Exkommunikation vor, die aus den bereits dargelegten Gründen eingeführt wurde.

Und auch heute noch wird eine solche Weihe im Kodex von 1983 nicht unter den „Verbrechen gegen [...] die Einheit der Kirche“ (3) aufgeführt, sondern unter dem Kapitel „Die Usurpation kirchlicher Ämter und die Verbrechen bei der Ausübung dieser Ämter. (4)

Cajetan präzisiert, dass, wenn die Gehorsamsverweigerung die Sache des Befohlenen oder sogar die Person des Vorgesetzten betrifft, ohne jedoch die Autorität oder sogar die Person des Vorgesetzten in Frage zu stellen, es kein Schisma gibt. (5)

Nun stellt Monsignore Lefebvre nicht nur die Autorität des Papstes nicht in Frage, wie in Nr. 5 ausführlicher dargelegt wird, sondern er bestreitet auch nicht das Recht des Papstes, die Ordnungsgewalt der Bischöfe in Bezug auf die Weihe anderer Bischöfe zu disziplinieren, noch bestreitet er die derzeit in der Kirche geltende Disziplin.

Er bestreitet lediglich, dass die geltende Norm zum Nachteil der Kirche und der Seelen angewendet werden kann oder respektiert werden muss, das heißt entgegen der Daseinsberechtigung des Episkopats und des päpstlichen Primats selbst.

Es ist somit bewiesen, dass die von Erzbischof Lefebvre vollzogene Handlung nicht von Natur aus schlecht ist, weil sie weder „schismatischer Natur“ ist und auch nicht von einer schismatischen Absicht inspiriert ist. Und weil der ‚Ungehorsamrein materiell ist, da er durch den Notstand auferlegt wird, der auf ihm und anderen Personen lastet, ist er daher auch durch das entsprechende Notstandsrecht gerechtfertigt.

Dass eine Bischofsweihe schließlich keinen Schaden für andere verursacht, muss nicht bewiesen werden. Wer einwenden möchte, dass der Akt des Ungehorsams selbst rein materiell gesehen ein Skandal für unzureichend aufgeklärte Katholiken darstellt, dem antworten wir mit dem heiligen Gregor dem Großen: Melius permittitur nasci scandalum quam Veritas relinquatur – Es ist besser, einen Skandal entstehen zu lassen, als die Wahrheit zu verraten.

Anmerkungen:

1 OR vom 3.7.1988

2 Hl. Thomas, Summa Theologiae, IIa-IIæ, q. 39, al ad 2

3 Buch VI Die Sanktionen in der Kirche, Teil II, Titel I

4 Ebd., Titel III, can. 1382

5 Dictionnaire de Théologie catholique: Schisma und Ungehorsam, Band XXVII, Spalte 1304 

(Quelle: Courrier de Rome/Sì sì no no – FSSPX.Actualités)