Untersuchung: Verfolgung von Christen, die in Europa vom Islam konvertierten (2)

Quelle: FSSPX Aktuell

Das Europäische Zentrum für Recht und Gerechtigkeit (European centre for law and justice, ECLJ) hat europaweit einen Bericht über die Verfolgung von ehemaligen Muslimen, die zum Christentum konvertiert sind, veröffentlicht. Ziel der Untersuchung von ECLJ war es, herauszufinden, ob Menschen muslimischer Herkunft in Frankreich und Europa Verfolgung erleiden, weil sie zum Christentum konvertiert sind.  

In anderen Teilen Europas gibt es mindestens ein Dutzend Vereinigungen von Ex-Muslimen. Die meisten dieser Vereinigungen oder Gruppen unterstützen Personen, die den Islam verlassen und agnostische oder indifferente Atheisten und seltener Christen werden. Die Situation in den europäischen Mitgliedstaaten, die Gegenstand der Untersuchung waren, sieht folgendermaßen aus: 

Deutschland 

Mehrere Zeugen oder Leiter von Vereinigungen versicherten, dass Deutschland eines der schwierigsten Länder für Konvertiten sei. Dies bestätigten vorrangig bundesdeutsche Vereinigungen von Ex-Muslimen. Allerdings liegt der Tätigkeitsschwerpunkt dieser Vereinigungen nicht oder kaum auf dem Umstand der Christenverfolgung in Europa. Zwar ist die Situation eines ehemaligen Muslims, der Christ geworden ist, in Pakistan oder Nigeria extrem schwierig, dennoch ist die Situation in Europa ebenfalls zunehmend besorgniserregend. 

Belgien 

Der Vorsitzende des belgischen Vereins „Ex-Muslim“ war ursprünglich kein Muslim, sondern konvertierte zum Islam. Nachdem er mehrere Jahre lang praktiziert hatte, brachten ihn die geopolitischen Ereignisse dazu, den Islam in Frage zu stellen. Alle Mitglieder des Vereins bleiben anonym, „um Probleme zu vermeiden“. Die meisten Mitglieder erzählen ihren Angehörigen nicht, dass sie den Islam verlassen haben. Die vom Verein organisierten Unterstützungstreffen sind sehr wichtig, damit die Ex-Muslime sich gegenseitig unterstützen und sich gegen Isolation wehren können. 

Die Berichte der ECLJ beschreiben eine Realität, die im Wesentlichen der in Frankreich entspricht: Eltern, die ihren abtrünnigen Kindern mit dem Tod drohen; junge „Apostaten“, die aus ihrer Familie gedrängt werden; der Zwang, den Ramadan zu begehen, um nicht aufzufallen und schließlich trotz aller Bemühungen die Notwendigkeit, das Land zu verlassen, um dem Druck oder den Drohungen zu entgehen. In Belgien gibt es mehrere Beispiele für Personen, die wegen Kritik am Islam am Arbeitsplatz entlassen wurden, entweder weil der Arbeitgeber selbst Muslim war oder weil sich muslimische Kollegen verärgert und feindselig zeigten. 

England 

Hatun Tash und Nissar Hussain sind zwei Konvertiten, die sich stark für ihre Rechte in England einsetzen. Sie bestätigen, dass die Situation dort der in Frankreich sehr ähnlich ist, insbesondere in London, wo die muslimische Gemeinschaft sehr groß ist, denn beide wurden in der Öffentlichkeit gewalttätig angegriffen. 

Laut Hatun Tash haben viele Konvertiten Schwierigkeiten, mit dem sozialen Druck der muslimischen Gemeinschaft umzugehen. Mehr als 60 Prozent der Konvertiten kehren innerhalb von fünf Jahren nach ihrer Konversion aufgrund von Einsamkeit oder sozialem Druck zum Islam zurück. 

Das Einschalten der Polizei löst immer Untersuchungen und damit letztlich Risiken für den Konvertiten aus. Er findet sich oft in einer Situation wieder, in der sein Wort gegen das seiner Verfolger steht. Die normale legale Lösung über polizeilichen Schutz ist nicht unbedingt die beste und keinesfalls die einzige Lösung, um Konvertiten zu helfen. 

Nissar Hussain ist ein Pakistani britischer Abstammung, der zum Christentum konvertierte und dafür einen hohen Preis bezahlte. An einem Abend im November 2015 wurde er von zwei mit Baseballschlägern bewaffneten Männern brutal angegriffen. Er erlitt mehrere Knochenbrüche. 

Für ihn kommt dieser Mordanschlag gegen jeden, der den Islam verlassen will, einem Völkermord gleich. Wo die Scharia angewendet wird, ist es für eine Person nicht möglich, den Islam zu verlassen und ein normales Leben zu führen. Es gibt eine dem Islam innewohnende Unterdrückung, die bisher immer dazu führen sollte, jede Person, die den Islam verlässt, physisch zu eliminieren. 

Österreich: Das Beispiel von Sabatina James 

Diese Frau pakistanischer Herkunft, deren Eltern sich in Österreich niedergelassen hatten, konvertierte als Teenager zum Christentum. Ihr wurde mit Zwangsheirat gedroht, und sie musste aus dem Haus ihrer Eltern fliehen, nachdem sie ihre Konversion offengelegt hatte. Heute steht sie unter Polizeischutz und hat eine Biografie geschrieben. 

Nach der Veröffentlichung ihres Buches verklagten Sabatinas Eltern sie wegen Verleumdung. Im Januar 2005 gab ein österreichisches Gericht den Eltern jedoch Unrecht und erklärte, dass die in dem Buch geschilderten Tatsachen zutreffend seien. 

Frau James musste ein erstes Mal in ein Auffanglager flüchten, nachdem sie geschlagen und ihr mit Zwangsheirat gedroht worden war. Die Eltern boten Sabatina an, sie nach Pakistan zurückzubringen, und das Sozialamt ermutigte sie dazu. Sie tappte in eine regelrechte Falle und wurde in einer pakistanischen Koranschule angemeldet, um der Zwangsheirat mit ihrem Cousin zuzustimmen. 

Nachdem sie der Verlobung mit ihrem Cousin zugestimmt hatte, konnte sie nach Österreich zurückkehren. Sie erneuerte ihr christliches Bekenntnis und weigerte sich, ihren Cousin zu heiraten. Ihre Konversion war Anlass diverser Verfolgungen: Belästigung per Telefon, zu Hause, am Arbeitsplatz (sie verlor ihren Job aufgrund von Vorfällen, die ihr Vater verursacht hatte), Beleidigungen, Todesdrohungen, wenn sie ihrem christlichen Glauben nicht abschwören würde. „Die Familienehre ist wichtiger als mein oder dein Leben“, sagte ihr Vater zu ihr. 

Sabatina James musste schließlich die Stadt, in der sie lebte, verlassen. Anschließend ging sie nach Deutschland, wo sie niemand kannte. Dort gründete sie einen Verein, um Mädchen zu helfen, die zur Heirat gezwungen oder von ihren Familien misshandelt wurden. Außerdem soll verhindert werden, dass die Konvertitinnen Opfer von Ehrenmorden werden. 

Niederlande 

Die Situation in den Niederlanden ist der in Frankreich ebenfalls recht ähnlich. Die Konzentration der muslimischen Gemeinschaften in bestimmten Vierteln oder Städten ist dort jedoch geringer. Der soziale Druck gegen Konvertiten ist daher geringer. Verbale Drohungen sind jedoch üblich, wobei „Ehrenmorde“ nur selten vorkommen. 

Laut der niederländischen Schutzvereinigung gibt es eine Art Trennung nach der nationalen Herkunft der muslimischen Gemeinschaft in den Niederlanden. So können Muslime pakistanischer Herkunft einen Konvertiten pakistanischer Herkunft unterdrücken, zeigen sich aber gleichgültiger gegenüber der Konversion eines Muslims marokkanischer Herkunft. 

Reaktion auf Verfolgung 

Die Aufnahme der Konvertiten zur psychologischen und materiellen Unterstützung ist allgemein gesehen in Europa mangelhaft. Den Menschen wird nicht dabei geholfen, ihre Rechte in Anspruch nehmen zu können. Nur wenige Vereine engagieren sich mit begrenzten Mitteln und begrenzter Wirksamkeit in diesem Bereich. Nach Ansicht der Konvertiten und der Leiter der Vereine gibt es eine dreifache Herausforderung: 

1. Die sofortige Bewältigung von Krisensituationen. 

2. Die Aufnahme der Konvertiten in die christliche Gemeinschaft. 

3. Die Reaktion des Staates auf Verletzungen ihrer Rechte und ihrer Sicherheit.

Der unmittelbare Umgang mit Krisensituationen 

Wenn eine konvertierte oder konversionswillige Person entdeckt wird oder sich in einer Notsituation befindet, gibt es zwei notwendige Dinge, die unbedingt mehr beachtet werden müssen: 

  • das Einrichten einer speziellen Telefon-Hotline und 
  • der Umzug in Notfällen. 

Muslimen, die einen Religionswechsel erwägen oder anstreben, sollte beratende Unterstützung gewährt werden. Mehrere zuständige Beamte sagten, Konvertiten sollten dabei unterstützt werden, sich gegenüber der muslimischen Gemeinschaft diskret zu verhalten, indem sie ihre Konversion nicht zu früh bekannt geben und negative Reaktionen vorwegnehmen. Hierzu entwickeln sich Initiativen. 

Die Notunterbringung ist ein ernstes Problem, mit dem die Leiter der Vereine konfrontiert sind. Nach der Ankündigung oder Entdeckung einer Konversion wird der Konvertit nämlich stets entweder buchstäblich aus seiner Wohnung vertrieben oder durch Gewalt oder Gewaltandrohung zur Flucht getrieben. Die Vereine verfügen jedoch nur über begrenzte Ressourcen, wobei Hilfe sowohl vom Staat als auch von der Kirche geleistet werden sollte. 

Aufnahme in den christlichen Gemeinden 

Für viele Konvertiten ist es ein Schock, dass sie von den religiösen Gemeinschaften, denen sie sich anschließen, nicht besser empfangen werden. Dies gilt sowohl für Katholiken als auch für Protestanten. So sollen Priester Konvertiten vorwerfen, den Islam zu verlassen. Manche weigern sich, Muslime zu katechisieren. Eine Person gab an, dass sie dem Bistum von Paris über ihren Wunsch, der Kirche beizutreten, geschrieben hatte, aber nie eine Antwort erhielt. Konvertiten geben oft an, dass sie die Gemeinschaft der christlichen Gläubigen als wenig einladend empfinden. Dabei wurden zwei Beispiele wiederholt genannt: Konvertiten werden fast nie zu einem gemeinsamen Festmahl eingeladen, und sie werden eher als „ehemalige Muslime“ denn als vollwertige Christen betrachtet. Es gibt auch spürbare Spannungen, wenn ein Konvertit vom Islam sich kritisch über die muslimische Religion äußert. 

Der Konvertit wird oft beschuldigt, seine Geschichte zu übertreiben oder zu verallgemeinern, manchmal sogar zu lügen und den Islam nicht „wirklich“ zu kennen. Mehreren Vereinsleitern ist dieses Unverständnis durch den interreligiösen Dialog verursacht, bei dem man sich weigert, jegliche Kritik am Islam zu hören. Ein ehemals muslimischer Christ wird manchmal als „Problem“ betrachtet. 

Viele Konvertiten haben fast alles verloren, als sie sich für das Christentum entschieden haben: ihre Familie, ihre Stadt, manchmal ihre Arbeit oder ihr Universitätsstudium. Wenn sie in die Kirche eintreten, hoffen sie, eine neue Familie zu finden, und für viele von ihnen enden die Hoffnungen in einer Art kalter Dusche. 

Nach einer gewissen Zeit, wenn die Einsamkeit und die materiellen Schwierigkeiten zunehmen, gibt ein erheblicher Teil der Konvertiten wieder auf. Nach Angaben von Vereinsfunktionären verlassen zwischen zehn und fünfzig Prozent der Konvertiten nach jahrelanger Praxis die christliche Religion. Der Mangel an angemessener Aufnahme durch die christlichen Gemeinden spielt bei diesen Austritten eine große Rolle. Nach Ansicht aller Mitglieder der Aufnahme- und Integrations-Teams zur Unterstützung von Konvertiten haben die meisten katholischen Autoritäten Schwierigkeiten, die spirituelle, beziehungstechnische und materielle Aufnahme von Konvertiten zu verstehen und anzunehmen. Hier muss ein Bewusstseinswandel stattfinden. 

Die Reaktion auf die Verletzung ihrer Rechte und ihrer Sicherheit 

Gegenwärtig garantieren Frankreich und andere europäische Länder die Rechte und Freiheiten derjenigen, die die muslimische Religion verlassen wollen, nicht ausreichend. Nach Ansicht der ECLJ muss die angemessene Reaktion entschlossen und rechtmäßig sein: Diese Rechte und Freiheiten müssen effektiv garantiert und rechtlich geschützt werden. 

Da die Verfolgung von Konvertiten zum Islam hauptsächlich im familiären Umfeld stattfindet, ist es für Konvertiten heikel, eine Anzeige zu erstatten, da dies in den meisten Fällen bedeuten würde, dass sie ihren Vater, Bruder oder Cousin vor Gericht anzeigen müssten. Die strafrechtliche Antwort kann daher nicht die einzige sein, um dieses Hindernis der Konversion zu bekämpfen. 

Eine andere angemessene Lösung, um Menschen muslimischer Herkunft die Möglichkeit zu geben, die Religion ihrer Wahl tatsächlich zu wählen, wäre es, der „Charta der Grundsätze des Islam in Frankreich“ mehr Durchsetzungskraft und Kenntnis in der Öffentlichkeit zu verleihen. 

In Artikel 3 der Charta, in dem es um Freiheit geht, heißt es: „Die Freiheit wird durch den Grundsatz der Laizität garantiert, der es jedem Bürger ermöglicht, zu glauben oder nicht zu glauben, die Religion seiner Wahl auszuüben und seine Religion zu wechseln. So verpflichten sich die Unterzeichner, die Abkehr vom Islam weder zu kriminalisieren noch als „Apostasie“ (ridda) zu bezeichnen, geschweige denn sie zu stigmatisieren oder direkt oder indirekt dazu aufzurufen, die körperliche oder moralische Integrität derjenigen, die dem Islam abschwören, zu verletzen. Dieser Artikel 3 der Charta ist notwendig und wird von einem Teil der muslimischen Gemeinschaft in Frankreich nicht eingehalten.“ 

Angesichts der Weigerung mehrerer muslimischer Verbände, diese Charta zu unterzeichnen, sollte das Innenministerium die Gründe dafür zu überprüfen. Es ist nämlich nicht hinnehmbar, dass Muslime in Frankreich und anderswo in Europa sich weigern, diejenigen zu tolerieren, die den Islam verlassen. 

Schließlich muss der Kampf gegen die Weitergabe persönlicher Daten, das sogenannte „Doxing“, intensiviert werden. „Doxing“ ist eine Praxis, bei der Informationen über die Identität und das Privatleben einer Person im Internet oder gegenüber anderen Personen, die danach fragen, gesucht und offengelegt werden, um der Person zu schaden. 

Bei den offengelegten Informationen kann es sich um die Identität, die Adresse, die Sozialversicherungsnummer, die Bankkontonummer und so weiter handeln. Solche Praktiken sind in sozialen Netzwerken gegenüber Konvertiten Usus. In Frankreich werden solche Handlungen nun mit drei Jahren Haft und 45.000 Euro Geldstrafe bestraft. 

Die Regierungen müssten sich jedoch dieses Phänomens der Bekehrung und der damit sehr häufig einhergehenden Verfolgung bewusst sein. Wenn die Staaten die Realität des Problems nicht sehen wollen, werden die meisten öffentlichen Akteure weiterhin jegliche Verfolgung von Personen, die den Islam verlassen, leugnen können und Tausende von Menschen daran hindern, in Frieden zu leben und ihren Glauben zu praktizieren.